Hanauer Truppen im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg

Die Armee der Grafschaft Hessen-Hanau diente von 1776 bis 1783 als britische Hilfstruppe im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg auf Grundlage von Subsidienverträgen, die der regierende Hanauer Graf Wilhelm, der zugleich Erbprinz von Hessen-Kassel war, mit seinem Vetter, dem britischen König Georg III., geschlossen hatte. Mit 2422 Soldaten stellte Hessen-Hanau das drittgrößte Kontingent deutscher Soldaten im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg.

Vorgeschichte

Die alte Grafschaft Hanau hatte bis zum Tod des letzten Hanauer Grafen 1736 bestanden und war dann zwischen Hessen-Kassel und Hessen-Darmstadt aufgeteilt worden. Jedoch wurde der Kasseler Teil bereits 1754 aufgrund der hessischen Assekurationsakte wieder von Hessen-Kassel getrennt und dem hessischen Erbprinzen Wilhelm als eigene Herrschaft übertragen, unabhängig von Hessen-Kassel, das von seinem katholisch gewordenen Vater Friedrich II. regiert wurde. Mütterlicherseits war Wilhelm mit dem britischen König Georg III. verwandt (beide waren Enkel des englischen Königs Georg II.).

Subsidienvertrag

Bereits nach der Schlacht von Bunker Hill im Juni 1775 bot der hessen-hanauer Graf Erbprinz Wilhelm seinem britischen Vetter König Georg III. Hilfstruppen zur Niederschlagung der amerikanischen Aufständischen an. Nachdem der Aufstand immer größer wurde, kam man in Großbritannien zu dem Schluss, dass deutsche Hilfstruppen für den Kampf in Nordamerika angeworben werden sollten. Ende 1775 kam der britische Oberst William Faucit als Generalbevollmächtigter des britischen Königs nach Deutschland, um mit befreundeten deutschen Fürsten Subsidienverträge abzuschließen, mit dem Ziel Hilfstruppen für den Einsatz in Nordamerika zu erhalten. Nachdem im Januar 1776 bereits Verträge mit Braunschweig-Lüneburg und mit Hessen-Kassel geschlossen worden waren, folgte der Vertrag mit Hessen-Hanau am 5. Februar 1776. Zunächst wurde zugesagt, ein Infanterieregiment von 668 Mann sowie eine Artillerie-Kompanie zu stellen, zusammen etwa 900 Mann. 1777 folgten ein Jägerkorps sowie 1781 ein Freikorps. Die von Großbritannien gezahlten Subsidiengelder wurden auf etwa 465.000 Pfund berechnet, etwa 4,5 Millionen Gulden. Dies machte den hessischen Erbprinzen zu einem der reichsten deutschen Fürsten seiner Zeit.

Eingesetzte Einheiten

Insgesamt kämpften vier Hanauer Armeeeinheiten in Amerika: Insgesamt 2422 Soldaten, von denen 1441 nach Kriegsende 1783 zurückkehrten. Die übrigen 981 waren entweder gefallen, anderweitig gestorben oder waren als Siedler in Amerika geblieben. Die Zahl der Gefallenen oder Gestorbenen wird auf 500 geschätzt.

Einsätze

Seeschlacht vor Valcour Island

Am 11. Oktober 1776 fand auf dem Lake Champlain die Seeschlacht vor Valcour Island zwischen britischen und amerikanischen Seestreitkräften statt, an der auch die Hessen-Hanauer Artillerie mit zwei Kanonenbooten ''(batteaux)'' teilnahm. Eines stand unter dem Kommando von Hauptmann Pausch; das andere wurde von Leutnant Dufais befehligt. In den Tagen vor der Seeschlacht hatte sich die Hanauer Artillerie bei Fort Chambly gesammelt und war dann auf Flussbooten den Richelieu-Fluss hoch zum Lake Champlain gefahren, der am 10. Oktober erreicht wurde. Am 11. Oktober um 5 Uhr morgens erhielt Hauptmann Pausch den Befehl, sich gefechtsbereit zu machen. Um 10.30 Uhr war das erste Artilleriefeuer zu hören. Kurz darauf trafen alle englischen Kanonenboote auf die feindlichen Schiffe in der Bucht hinter Valcour Island. Zuerst sichtete Pauschs Boot eine amerikanische Fregatte, die verlassen auf Steinklippen lag und kurz darauf zwei weitere Fregatten, die heftig schossen. Diese wurden von einigen Booten begleitet, die ebenfalls schnell und effektiv feuerten. Auf englischer Seite kämpften 27 Kanonenboote und feuerten ebenfalls heftig. Dann erschienen die englischen Fregatten, eine davon die ''Maria'', auf der sich der englische Befehlshaber General Guy Carleton befand. Ihr folgten die Fregatten ''Carleton'' und ''Infexible'', die sich jedoch alle wieder zurückzogen. Gegen 13 Uhr wurde die Seeschlacht besonders heftig. Das Boot von Leutnant Dufais wäre beinahe mit der ganzen Mannschaft verloren gegangen, weil eine feindliche Kanonenkugel das Pulvermagazin getroffen hatte. Auf Hauptmann Pauschs Boot beobachtete man die Explosion auf Dufais Boot. Es brannte und begann voll Wasser zu laufen. Hauptmann Pausch beeilte sich, dem anderen Boot zu Hilfe zu kommen und alle, die sich retten konnten sprangen auf sein Boot, welches danach total überladen war und beinahe selbst gesunken wäre. In diesem Moment kam ein englisches Boot zu Hilfe und nahm ein Teil der Männer auf. Danach setzte Pausch den Kampf mit seinen beiden Vierpfünderkanonen fort, indem die feindlichen Fregatten weiter beschossen wurden. Jedoch war die Entfernung zu groß, um effektiv zu sein. Schließlich brach die Nacht an und beendete die Seeschlacht. Am 18. Oktober sendete der englische Brigademajor Bloomfield einen Brief an Hauptmann Pausch, in dem er sich für den Einsatz seiner Einheit während der Schlacht bedankte.

Saratoga-Feldzug

Die Hessen-Hanauer Infanterie und Artillerie unterstanden dem englischen General John Burgoyne und nahmen mit diesem zusammen mit braunschweigischen Einheiten unter General Friedrich Adolf Riedesel von Juni bis Oktober 1777 am Saratoga-Feldzug teil. Ziel war es, mit drei getrennten Streitmächten auf Albany vorzustoßen und das Territorium der amerikanischen Rebellen dadurch in zwei Teile zu trennen. Die Hauptstreitmacht wurde von General Burgoyne befehligt, die Mohawk-Expedition u.a. mit den Hanauer Jägern von Oberstleutnant Barry St. Leger sowie eine dritte Armee unter General William Howe, die von New York her vorstoßen sollte.

Eroberung von Fort Ticonderoga (Juli 1777)

Am 5. und 6. Juli 1777 fand die Schlacht bei Fort Ticonderoga statt (zwischen Montreal und Albany gelegen). Eine englische Armee von 7000 Soldaten, darunter die Hanauer Infanterie und Artillerie, sowie 800 Indianer und Kanadier kämpften unter General Burgoyne gegen 3000 amerikanische Soldaten und Milizionäre und konnten das Fort nach schwacher Gegenwehr einnehmen.

Schlacht von Bennington (August 1777)

Der britische General John Burgoyne versuchte im Zuge seines Saratoga-Feldzugs, durch das nördliche Hudson River-Tal nach Albany vorzudringen. Nach mehreren britischen Siegen in Hubbardton und Fort Ticonderoga war es Burgoynes Plan, die amerikanischen Kräfte in diesem Gebiet zu besiegen und dann von Albany aus weiter nach Süden zu ziehen, um die amerikanischen Kolonien in zwei Teile zu spalten. In der Schlacht von Bennington am 16. August 1777 wurden die britischen Streitkräfte und die deutschen Hilfstruppen aus Braunschweig und Hanau durch amerikanische Truppen geschlagen. Die britischen und deutschen Gesamtverluste bei Bennington wurden mit 200 Toten und 700 Gefangenen beziffert, gegenüber 40 toten und 30 verwundeten Amerikanern.

Schlacht von Saratoga (Sept. / Okt. 1777)

Unter General Burgoyne nahmen die Hanauer Infanterie und Artillerie im September und Oktober 1777 an der Schlacht von Saratoga (im heutigen Bundesstaat New York) teil. Die aus zwei Einzelschlachten (Schlacht von Freemans Farm sowie Schlacht von Bemis Heights) bestehende Schlacht wird als Wendepunkt im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg und entscheidende Schlacht in der amerikanischen Geschichte angesehen. Die britische Streitkraft unter General John Burgoyne wurde geschlagen und schließlich zur Kapitulation genötigt. Durch diese Kapitulation gerieten die Hessen-Hanauer Infanterie und Artillerie in Kriegsgefangenschaft und blieben dies bis Kriegsende 1783. Sie waren zunächst in Massachusetts und später in Virginia interniert. Die Gesamtzahl der Gefangenen (Briten, Braunschweiger und Hanauer) betrug 5803 Mann, worunter aber nur 3500 kampffähig waren. Von deutschen Truppen befanden sich dabei 112 Offiziere, 248 Unteroffiziere, 76 Spielleute, 1815 Soldaten und 180 Diener, im Ganzen also 2431 Mann. Die gesamte Artillerie, die aus 30 Kanonen und Haubitzen bestand, 7000 Gewehre, die Zelte und alle übrigen Vorräte fielen den Amerikanern als Beute zu. Bis zum 6. Oktober 1777 hatten die Briten 1415, die Braunschweiger 1014 und die Hessen-Hanauer 108 Mann vor dem Feinde verloren.

Mohawk-Expedition

Zeitgleich zum Saratoga-Feldzug von General Burgoyne fand unterstützend die Mohawk-Expedition unter Oberstleutnant Barry St. Leger statt. Ihm unterstanden das neu errichtete Provinzialregiment Johnston, drei Kompanien kanadischer Freiwilliger, die erste Hessen-Hanauer Jägerkompanie, 140 Abkommandierte vom 34. Regiment und ebensoviele vom 8. Regiment, sowie sämtliche Indianer, die sich in Niagara gesammelt hatten, etwa 2000. Seine gesamte Streitmacht war etwas über 3000 Mann stark. Die St. Leger zugeordnete Jägerkompanie war die erste, die der Graf von Hessen-Hanau nach Amerika geschickt hatte. Diese hatte Hanau am 7. März 1777 verlassen und Kanada am 11. Juni erreicht. Sie wurde sofort vom Gouverneur den bereits losgezogenen Truppen auf dem Sankt-Lorenz-Strom nachgeschickt. Die Kompanie wurde von Leutnant Hildebrand(t) geführt, nachdem der ursprüngliche Kompaniechef Kornrumpff bereits kurz nach der Ankunft in Kanada verstorben war. St. Legers Armee sollte von Fort Oswego aus nach Fort Stanwix ziehen und das Fort einnehmen. Dadurch sollte er auch das amerikanische Korps unter General Philip Schuyler binden, damit dieses nicht in den Saratoga-Feldzug Burgoynes eingreifen konnte. Dann sollte St. Leger weiter auf dem Mohawk River vorstoßen und dort etwaig liegende Befestigungen zerstören und sich schließlich bei Albany wieder mit General Burgoynes Armee vereinen.

Marsch nach Fort Stanwix

St. Legers Korps brach in den ersten Julitagen 1777 aus der Gegend von Montreal auf, nachdem sich die hierzu erwarteten Indianer dort versammelt hatten. Langsam ging die Fahrt auf Flachbooten den Lorenzstrom hinauf und an einigen Stellen mussten die Boote über Land getragen werden, um die reißenden Stromschnellen oder Wasserfälle zu umgehen. Dann ging die Fahrt ein Stück über den breiten Ontariosee, an dessen südlichem Ufer das Fort Oswego lag, wo ein Tag gerastet wurde, um sich von den bisherigen Anstrengungen etwas zu erholen. Am 25. Juli 1777 verließ das Korps Fort Oswego wieder. Noch ein Stück ging die Fahrt auf einem Fluss und einem kleinen See südlich landeinwärts und dann zu Fuß weiter zum Mohawk, an dem das von den Amerikanern besetzte Fort Stanwix lag.

Belagerung von Fort Stanwix und Schlacht von Oriskany

Fort Stanwix im westlichen Teil des Mohawk River Valley war damals der Hauptverteidigungspunkt der Kontinentalarmee gegen die britischen Streitkräfte. Die Belagerung des Forts begann am 2. August 1777. Am folgenden Tag wurde das Fort, nachdem die Besatzung eine Aufforderung zur Übergabe abgewiesen hatte, erfolglos bestürmt. Am 5. August rückte ein beinahe 1000 Mann starker Entsatz heran, dessen Annäherung St. Leger noch rechtzeitig erfuhr. St. Leger teilte sein Korps und die amerikanischen Entsatztruppen unter General Nicholas Herkimer wurden am 6. August in einem Hinterhalt im Wald angegriffen. Hieraus entstand die Schlacht von Oriskany, die eine der blutigsten Schlachten im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg war. Auf britischer Seite kämpften zum größeren Teil reguläre Truppen, worunter auch die Hanauer Jäger waren, die übrigen waren Indianer. Der Überfall gelang so vollständig, dass kaum die Hälfte der amerikanischen Miliz entkam und General Herkimer tödlich verwundet wurde. Während St. Leger seine Truppen geteilt hatte, machten die Belagerten aus Fort Stanwix einen Ausfall und plünderten St. Legers Lager. Dies war ein empfindlicher Verlust, da in den unwirtlichen Gegenden fast alle Lebensmittel mitgeführt werden mussten. Zudem näherte sich ein weiterer 2000 Mann starker Entsatz unter General Benedict Arnold, wodurch die Indianer so in Angst gerieten, dass sie verschwanden oder baten, dass sie wieder zurückgeführt werden mochten. Daraufhin musste St. Leger am 23. August die Belagerung des Forts aufheben und sich zum Rückzug entschließen. Die Zelte, Geschütze und Vorräte wurden dabei zurückgelassen.

Einsatz in Kanada

Der Großteil des Hanauer Jägerkorps nahm nicht am Hauptzug von General Burgoynes Saratoga-Feldzug teil, sondern an der Mohawk-Expedition von Barry St. Leger und geriet deshalb nicht in Gefangenschaft. Sie wurden auch später nicht mehr in große Schlachten verwickelt, ebenso wie die später in Kanada eintreffenden Hanauer Ersatzsoldaten. Die Jäger wurden unter Oberst v. Creuzburg zu Streifzügen und Spähtrupps in der Wildnis zur Sicherung der kanadischen Kolonie eingesetzt.

Nachwirkung

Von einem Teil der Subsidiengelder ließ Graf Wilhelm von Hessen-Hanau die Kuranlage Wilhelmsbad bei Hanau errichten. Baubeginn war 1777. Für die gesamte Kuranlage musste er lediglich sechs Prozent (260.000 Gulden) seiner erlösten Subsidiengelder ausgeben.
Erbprinz Wilhelm war in der Folge einer der reichsten deutschen Fürsten seiner Zeit. Mit Hilfe der Rothschild-Bank konnte er sein Vermögen auch während der späteren französischen Besetzung seiner Landgrafschaft erhalten und sogar vermehren.

Verzeichnisse

Literatur

Wikipedia

Weblinks